Paula Balov

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Doma

Ich bin so viel herumgereist, in meinem Zimmer. Hab meine Möbel umgebaut und umgefärbt und umgestellt, verschoben, manchmal zertrümmert. Sie waren zu laut und zu kantig. Meine Bücher schnarchen oft, also hab ich sie neu sortiert, nach Alphabet. Ich will mich neu fühlen in den vier Wänden, die schon Altersflecken haben. Irgendwann muss ich in die Ferne reisen, vielleicht drei Blocks weiter. Da werden die Wände neu sein und porentief rein und die Möbel werden nicht mehr schreien, auch wenn es die alten sind. Die Bücher werden aus ihrem Staub erwachen. Aber irgendwann werde ich auch wieder nach unten reisen, unten, wie man bei uns sagt, wenn man in den Balkan reist.

Dann werde ich neben meinem Großvater sitzen, dem ich schon wieder neue Spielkarten gekauft habe und die er wieder mal ablehnt. Er hat seine eigenen, mit denen er seit dreißig Jahren Solitaire spielt und die so vergilbt sind wie seine Hände. Er poliert jede Karte einzeln, wenn er mir erzählt, wie ich als Kind gegen die Kante da links gelaufen bin und wie auf dem Schrank noch immer die Spielzeugkiste liegt.

Und sie liegt da noch immer und auch der Schrank ist der Selbe und die Kante. Der Teppich ist noch immer altmodisch und der Glastisch noch immer zerbrechlich. Am Kühlschrank ist mein Kaugummiaufkleber und an der Tapete Gekritzel. Hier schreien die Möbel nicht. Sie umzustellen würde sie töten. Sie scheinen Geschichtenerzähler zu sein, so wie die Bücher und Fotoalben, die schnarchen. Dann fühl ich mich daheim in den vier Wänden, die von Altersflecken übersät sind. Und auch meine Großmutter mit ihrem großen Wäschekorb ist die Selbe.
Sie geht bloß langsamer.

Paula Balov, 2012

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